Zurück auf der Nordinsel -Abschied von Neuseeland

12 01 2017

Jetzt dachte ich natürlich, die landschaftlichen und emotionalen Höhepunkte hatte ich erlebt und kam eigentlich im Relax-Modus in Wellington an. Es sollte aber noch eine Woche mit sehr interessanten Erfahrungen auf mich zukommen – mit erneuten Highlights und auch mal ein paar negativen Ereignissen, was ich ja bis dahin noch gar nicht erlebt hatte. Aber der Reihe nach:

Meine Airbnb-Gastgeberin in Wellington hieß Claire, war Ende 60 und vor 3 Jahren aus dem diplomatischen Dienst ausgeschieden. In ihrer aktiven Zeit hat sie in verschiedensten Ländern gelebt und insgesamt 74 Länder bereist. Sie umsorgte mich nach meiner Ankunft und ließ es sich nicht nehmen, trotz später Stunde, noch Sandwiches und Tee zuzubereiten. Nach tollen Gesprächen ging ich in mein souvenirgeschmücktes Schlafzimmer. Ich schlief traumhaft in ihrem viktorianischen Haus mit tropischem Garten gegenüber dem botanischen Garten gelegen, durch den ich am nächsten Morgen meine Wandertour  in Wellington startete. Hier entspannen sich Familien und man kann alte Gräber (auch von Maoris), Rosengärten, Wasserfälle und allerlei mehr entdecken.

DSC01357 DSC01360

DSC01363 DSC01366

In Wellington holte ich dann meine neue Brille ab, die ich gut 2 Wochen vorher bestellt hatte, verspeiste einen Hippie-Burger, trank leckeren Kaffee bei “Fidel” und ließ eine Zeitlang die tolle Atmosphäre der Cuba-Street mit Straßenmusikern und Artisten auf mich wirken, bevor ich mit der Cable-Car den Berg erklomm. Ich nahm Abschied von Claire und fuhr los, um die Westküste zu erkunden.

DSC01368 DSC01369

DSC01370 DSC01371

Dort landete ich schließlich an einem verlassenen Strand (Patea Beach) mit Toilette, Dusche und Picknicktischen und wurde Zeuge von einigen Naturgewalten, riesige Wellen, spritzender Schaum, eiskalter Wind und als Finale ein fantastischer Sonnenuntergang über dem schwarzen Sand und den angespülten Bäumen! Stellt euch die Kraft des Wassers vor! Außer mir waren noch eine Handvoll anderer Camper da, unter anderem ein nettes Paar aus Bremen, die auf dem Bild zu sehen sind.

DSC01378 DSC01376

DSC01382 DSC01384

Direkt nach dem Frühstück ging es weiter Richtung Norden, wo ich entweder auf oder um den Taranaki, hübschester Vulkan des Landes, wandern wollte, je nach Infos der Ranger. Zunächst bewölkt, zeigte der Berg sich dann kurz in seiner ganzen Schönheit. Er ähnelt wohl dem Fukushima und wurde als Drehort für “Der letzte Samurai” ausgewählt.

DSC01386

Ich stand vor der Entscheidung, auf den Gipfel zu steigen (der Ranger meinte, oben seien es –12 Grad bei Windgeschwindigkeiten von 60-70km und es sei durchgängig bewölkt, außerdem sehe man den Weg dann nicht, der zudem noch durch Lavaasche und Geröll führe) oder einen 25km langen Rundweg in Höhen zwischen 900 und 1300m zu wandern. Ich entschied mich für die letztere Variante, den sogenannten Pouakai Circuit, da ich nicht den Erfrierungstod sterben wollte, ohne dabei als Held, sondern wahrscheinlich nur als Vollidiot in die Geschichtsbücher einzugehen. Gute Entscheidung, denn der Weg führte mich durch dichten Regenwald, über schwindelerregende Hängebrücken, vorbei an Wasserfällen zu einer Hütte. Nach der Mittagspause musste ich dann sehr schlammiges Gebiet durchqueren und da passierte es: Beim (sinnlosen) Versuch einer größeren Schlammpassage auszuweichen geriet ich ins rutschen und fiel kopfüber in ein Gebüsch. Zunächst noch über meine Slapstickeinlage lächelnd, musste ich kurz darauf leider feststellen, dass sich ein hervorstehender Ast ziemlich tief in mein Bein gebohrt hatte. Ich zog das Ding raus und wundersamerweise tauchten weder Blut noch Schmerzen auf, nur ein ziemlicher Krater. Ich wanderte munter weiter (noch 12km bis zum Auto) tupfte ab und zu mal ab und hatte dann sogar noch glückliche Momente, als sich gegen Ende des Weges endlich die Wolken verzogen und der Berg in seiner ganzen Pracht zum Vorschein kam.

DSC01388 DSC01393

DSC01404 DSC01407

Zurück am Auto gab mir ein ehemaliger Schülersanitäter aus Freiburg erste Hilfe, desinfizierte und verband die Wunde ziemlich professionell. So düste ich noch weiter nach New Plymouth, genehmigte mir ne Meeresfrüchtepizza und übernachtete in der Nähe auf einem Campingplatz mit heißen Duschen. Als ich mich schlafen legte zitterte ich am ganzen Körper und am nächsten Morgen war die Wunde voller Flüssigkeit und ich konnte das ganze Bein nicht bewegen, denn ich hatte mir beim Sturz wohl noch eine ziemliche Prellung zugezogen.

Das war’s dann mit dem Wandern in Neuseeland für mich. Das Wetter in der Region verlockte mit Temperaturen unter 20 und viel Regen auch nicht zum Bleiben, das Bein tat im Sitzen nicht weh – also auf in das schönen Northland (Gebiet nördlich von Auckland), das mit karibischen Stränden und sommerlichen Temperaturen förmlich nach mir gerufen hatte. Nach 7 Stunden Fahrt erreichte ich einen supertollen Strand mit ausgewiesenem freien Campingplatz und da ließ ich mich dann nieder, kochte Ratatouille und trank einen Schluck Rotwein auf meine anstehende Genesung.

DSC01413 DSC01414

Vor lauter Begeisterung hielt ich erstmal ein Schwätzchen mit meinem Nachbarn auf dem Platz, ein neuseeländischer Lehrer namens Thomas (!), der mit Frau und zwei Kindern aus Wellington hierher in die Wärme gefahren war. Wir beobachteten mehrere Maori-Familien, die vom Strand mit Säcken voller Muscheln zurückkamen und die in der Nähe meines Autos geparkt hatten. Nach einem schönen Austausch über das Lehrerdasein in den verschieden Ländern über einem Gläschen Wein, stellte ich leider fest, dass mein Wanderrucksack mit den Bettsachen und Schlafsack abhanden gekommen war. Schock – damit hatte auf dem Platz keiner gerechnet. Es scheint aber nicht unüblich zu sein, dass auf den Freedom-Plätzen öfter mal was verschwindet….. So wurde ich von Thomas und seiner Frau Ali für die Nacht mit Decken versorgt und musste in der klaren und eiskalten Nacht nicht erfrieren. Am nächsten Tag meldete ich den Diebstahl bei der Polizei (ich hatte zufällig die Autos der wahrscheinlichen Täter inklusive Nummernschilder fotografiert) und erlebte wieder mal was Tolles. Die Polizistin war voller Mitgefühl für mich und entschuldigte sich quasi für ihre Mitbürger. Sie nahm die Anzeige telefonisch auf und 10 Minuten später hatte ich eine Bestätigung der Aussage per Email erhalten. Dadurch blieb mir eine Fahrt ins 25km entfernte Whangarei erspart.

So blieb mir der Tag, um per Boot einen Teil der Bay of Islands, einem kleinen Meeres- und Urlaubsparadies, zu erkunden. Ich ließ mich mit der Fähre von Paihia aus auf der Insel Urupukapuka (45 Min Fahrzeit) absetzen und genoss ein wenig die neuseeländische Hochsaison mit Essen und Trinken (viel Bier und Cider) am Strand. Humpelte später noch auf den Aussichtsberg und konnte traumhafte Fotos von der Inselwelt, den Stränden und einer Maori-Grabstätte schießen.

 DSC01424 DSC01427

DSC01434 DSC01437

DSC01448 DSC01454

DSC01455 DSC01458

DSC01438

Trotz der blöden Vorkommnisse des vorigen Abends beschloss ich, an die tolle Stelle am Strand zurückzukehren. Der Abschnitt heißt übrigens Tutukaka- Coast. Kein Witz! Ich besichtigte unterwegs noch die berühmten Hundertwasser-Toiletten in Kawakawa (der Meister lebte seine späten Jahre an dieser traumhaften Küste) und – der Zufall wollte es – konnte direkt gegenüber des architektonischen Meisterwerkes einen sehr günstigen Schlafsack in einem Ramschladen erstehen, so dass die Nacht gesichert war.

DSC01462 DSC01464

Die ganze Stadt ist von Friedensreich geprägt und überall stehen Kunstwerke herum, meist im Mosaikstil:

 DSC01465 DSC01467

Nach der dann wesentlich milderen Nacht, einem gemütlichen Frühstück und einem letzten Bad im Meer, machte ich mich auf die letzte Fahrt zurück nach Auckland, vorbei an von Lava geprägten Stränden und den Wasserfällen von Whangarei, in die man reinschwimmen kann.

DSC01472 DSC01477

DSC01478 DSC01479

Dann besuchte ich noch das Museum Kiwi-North, in dem es zwei lebende Kiwis zu beobachten gibt, und erreichte gegen Abend das Haus von Kelsey, wo vor ziemlich genau einem Monat meine Reise begonnen hatte. Diesmal lernte ich auch die entzückenden Mädchen Gracia und Olivia und ihren Ehemann Denny kennen. Ich konnte nochmal richtig gut kochen und essen dort (inzwischen hat sie jeden Abend verschiedenen Gäste, die oft zusammen essen), duschen, Wäsche waschen und packen.  Mit geladenen Akkus der verschiedenen Geräte fuhr mich Damian, der polnische junge Mann, der mich damals begrüßt hatte, an den Flughafen. Natürlich nicht ohne eine Runde Abschiedsfotos:

DSC01490 DSC01492

Tja, und nun sitze ich am Flughafen von Auckland und es ist irgendwie Zeit, Bilanz zu ziehen, bevor mich die Flieger nach Sidney und dann weiter nach Bangkok bringen werden und ich wieder mit Judith vereint sein werde.

DSC00699

Ich mache es ausnahmsweise mal kurz: Neuseeland ist ein fantastisches Reiseland und ich hatte außergewöhnlich schöne Erlebnisse hier!



Aktionen

Informationen

Schreib einen Kommentar

Du kannst diese Tags verwenden : <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>