In der Tempelwelt von Mandalay

27 02 2017

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Mein Flug von Bangkok nach Mandalay dauerte zwar nur etwas mehr als eine Stunde, brachte mich dann aber in eine wirklich andere Welt. Der Vorgang mit Geld abheben, SIM-Karte besorgen und Taxi organisieren am Flughafen war noch genauso leicht, wie in den anderen Ländern auf unserer Reise. Auffällig war schon am Flughafen wie freundlich und aufmerksam die Leute den Touristen begegnen – das war richtig wohltuend nach der überwiegenden Gleichgültigkeit, die wir in Thailand erfahren hatten. Nach einer halbstündigen Fahrt durch staubige Straßen kam ich in meinem Hotel an und bekam ein Zimmer ohne Fenster zugewiesen. Mit einigem Murren und Überreden waren die freundlichen Frauen des Mandalay View Inn bereit, mir ein Upgrade auf ein Doppelzimmer zu geben, allerdings funktionierte die Klimaanlage nicht so richtig. (Dann war die aus dem Nebenraum zu laut, so dass ich wieder umziehen musste.) Hatte alles seine Tücken, das Meiste wurde aber durch die Freundlichkeit der Angestellten mehr als gut gemacht.

Das Personal half mir noch, ein Moped zu mieten und versorgte mich mit einem Stadtplan, so dass ich eine Stunde später schon vor dem ersten Tempel meine Schuhe auszog und in die Welt der Buddha Verehrung eintauchen konnte. Unmöglich ist es, sich die Namen der Tempel zu merken. Sie bestehen aus für uns unverständlichen Buchstabenkombinationen und sind auch nicht immer in lateinischen Lettern notiert. Mit Hilfe des Stadtplanes und Google-Maps konnte ich mich einigermaßen zurechtfinden und kam nach etlichen Umfahrungen immer am Ziel an. Hilfreich dabei war, dass  Mandalay aus einem Gitter durchnummerierter Straßen besteht, das sich brav in Nord-Süd und Ost-West Richtungen ausbreitet. So konnte man zumindest immer die gewünschten Orte finden (mein Hotel lag beispielsweise in der 66. Straße (Nord-Süd) zwischen 26. und 27.) Einige Eindrücke von den ersten Tempeln in der Nähe meines Hotels, die immer bevölkert und lebendig sind und dadurch nie steril wirken:

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Überall sind Souvenirverkäufer und Mönche vor Ort. Viele Einheimische kaufen Opfergaben, spenden Geld und beten oder meditieren vor den Buddhastatuen.

Zwischendurch wollte ich, wie es im Reiseführer so romantisch beschrieben war, ein Bier mit Blick auf den vielbeschriebenen Irawadi (hier Ayeyarwaddy) trinken. Der Fluss wird allgemein als die Lebensader des Landes beschrieben. Womit ich allerdings in erster Linie konfrontiert wurde, waren unbeschreiblich arme Behausungen, viel Staub und Müll und Menschen und Tiere (v.a. Hunde), die mittendrin leben.

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Das kalte Myanmar-Bier hat trotzdem gut getan und so konnte ich frisch gestärkt zur nächsten Aktion aufbrechen.

Zum Sonnenuntergang fuhr ich dann auf den mit Pagoden besetzten Mandalay Hill, um mit hunderten anderer Touristen die schöne Abendstimmung zu genießen. In einer Nische sitzend sprach mich ein junger Mönch an, der durch Konversation mit Ausländern sein Englisch verbessern wollte. Er lebt in einem Kloster, das durch ein Bildungsprojekt mit westlicher Finanzierung begleitet wird. Seine Freunde sind keine Mönche und mit Ihnen trifft er sich öfter abends in dem Tempel mit Blick über die Stadt. Sie sprechen allerdings nicht so gut Englisch, da sie nur eine staatliche Schule besuchen. Nach netter Plauderei und  Austauschen der Handynummern beschlossen wir, dass ich am nächsten Tag einen Ausflug mit Aloka zur längsten Teakholzbücke der Welt (U-Bein-Bridge) machen würde. Den Abend beendete ich bei einem birmesischen Beef-Curry und frittiertem Gemüse in einem schönen Touristenrestaurant. Es ist schon merkwürdig, wie schnell man beim Reisen in total andere Welten katapultiert wird und auch, wie schnell man sich dann zurecht findet.

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Morgens holte ich Aloka in seinem Kloster ab – ein schlichter Betonbau, völlig unromantisch. Er zeigte mir stolz den Computerraum, Werkraum und die Bibliothek seiner Schule. Wir lunzten in einen Klassenraum, wo gerade die Abschlussprüfungen geschrieben wurde, und er zeigte mir noch seinen Schlafraum, den er mit 15 anderen Jungs teilt. Er besteht aus einer mit Folie bezogenen, rundlaufenden Holzplattform, auf der die Novizen ohne Matratze nebeneinander liegen (keine Fotos!) Gegessen wird an der gleichen Stelle und zwar, was morgens gespendet wurde. Das Kloster wird ständig erweitert und umgebaut und die Bauarbeiten sind sehr unkonventionell – Frauen transportieren die Ziegelsteine auf ihrem Kopf. Auf dem Dach sah ich dann noch den “Fußballplatz” und musste leider feststellen, dass die Mönche auch ihren Müll unmittelbar neben dem Haus entsorgen und zwar direkt neben den Betonbecken, die als “Badezimmer” dienen. Schwer nachzuvollziehen das Ganze.

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Nach der Besichtigung schwangen wir uns aufs Moped, wo ich schnell feststellte, dass Aloka außerhalb seines Wohngebietes und der ihm gewohnten Tempel keine Ahnung hat, wo er sich befindet, beziehungsweise, wie man irgendwo hinkommt. So gelang es uns schließlich mit einer Kombination aus Google, Stadtplan und Fragen außerhalb der Stadt zu gelangen, wo an einem eigentlich idyllischen See (leider auch viel Müll dort) die Brücke zu einer Klosteranlage führt. Wir besichtigten Tempel, schütteten Wasser über das Haupt einer Buddha Figur, sahen bei der Speisung ganz junger Novizen zu und tranken einen Saft in einem Restaurant – wohl eine neue Erfahrung für den Jungen. Er darf außerhalb des Klosters nach einer gewissen Uhrzeit nichts mehr essen und so konnte ich ihn nicht einmal  zu einem Teller Reis einladen. Getränke gingen aber. Zurück in der Stadt lernte ich noch seine Schwester und seine Tante kennen, die aus seinem ursprünglichen Dorf zu Besuch waren. Sie knieten vor ihm nieder und überreichten ihm Geldscheine für das Kloster bzw. den Tempel. Er selbst verfügt über ein Taschengeld von 28€ im Jahr!

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Bei unserer Rückkehr sahen wir noch eine Prozession durch die Stadt und gingen zusammen in die Maha Mya Muna Pagode, deren Besonderheit der über und über mit Goldplättchen beklebte sitzende Buddha ist. Die hauchdünnen Goldblätter kann man im Tempel ab 2,50€ kaufen und sich dann in die Schlange zum Auftragen anstellen. Ich kaufte für mich und Aloka jeweils ein Päckchen und für uns beide war es ein besonderer, aufregender Moment und eine Premiere in unserem Leben, Gold auf den Buddha zu legen.

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Beeindruckend war ein Halle, in dem ein riesiges Modell zur Erklärung der Herkunft des Buddhismus dargestellt war. In dieser Pagode sind auch religiöse Figuren (teilweise aus dem Tierreich) ausgestellt, die man an Körperteilen berühren soll, um für sich Wohlbefinden und Gesundheit an diesen Stellen zu erlangen. Auffällig war, wie oft der Mund und der Bauch berührt wurden – scheint wohl nicht nur die Touristen mit Darmerkrankungen zu erwischen….

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Eine kleine Herausforderung war es zunächst, ein Frühstück für mich zu besorgen. Zwar war direkt neben meinem Hotel ein Kaffeehaus, doch konnte ich weder die Speisekarte lesen, noch waren mir die Speisen auf den Tellern der anderen Gäste als Frühstück vertraut oder überhaupt bekannt. Ein netter Kaffeeverkäufer, der ein bisschen Englisch sprach, half mir dann zu ganz gutem Kaffee und einem fettgebackenen Teigstück, dass ich in verschiedene Soßen wie Dahl oder Gemüsecurry tauchen konnte. Insgesamt ist die Atmosphäre in diesen Kaffee- und Teehäusern sehr lebendig und entspannt. Die Leute treffen sich, erzählen und lachen viel miteinander. Ich habe so ca. 50 junge Männer an Personal gezählt, die verschiedene Aufgaben haben wie Tee auffüllen, Tische abwischen, abräumen, servieren, kassieren…

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Da Aloka am nächsten Tag Arbeiten zu erledigen hatte, brach ich morgens – mit vollem Bauch – alleine auf und fuhr quer durch die Stadt, vorbei an allerlei Werkstätten für religiöses Kunsthandwerk und Vogelverkäuferinnen (zum Freilassen –“ for good luck”). Ziel waren zwei Sehenswürdigkeiten am anderen Ufer des Irawadi, wohin man über eine gigantische Brücke gelangt: Sagain Hill und Mingun. Beim ersteren handelt es sich um einen heiligen Berg mit unzähligen Pagoden. Auf dem Areal sollen über 7000 Mönche (auch weibliche mit pinker Robe) in verschiedenen Klöstern leben, die natürlich das Straßenbild stark bestimmen. Überall sieht man aus dem Grün die golden leuchtenden Kuppeln der verschiedenen Pagoden und Stupas. Leider ist es immer so dunstig, dass man von der anderen Flussseite alles nur im Nebel sieht. Ich besichtigte einige der Tempel und kam zu Fuß durch ein Kloster, wo gerade Körperpflege betrieben und ich freundlich begrüßt wurde.

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Am Fluss entlang ging es weiter nach Mingun. Unterwegs immer wieder Szenen der Armut und des ganz einfachen Lebens – Ochsenkarren, Wäsche waschen und Baden am Fluss, mit kleinen Netzen fischen,  mit der Hand Frachtschiffe mit Baumaterial entladen, archaische Straßenbauarbeiten und vieles mehr. Als ob man durch eine Zeitmaschine in die Vergangenheit geraten wäre. Allerdings holen einen der Krach der Motoren und die vielen Handies schnell wieder zurück in die Neuzeit.

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In Mingun angekommen entdeckte ich eine kleine Oase, in der sich eine Zeitlang der Staub der Straße und meine vielen Eindrücke setzen konnten. Das Garden Café, betrieben von einem Franzosen, serviert leckere Sandwiches, Säfte, Salat aus eigenem Anbau und guten Cappuccino in grüner, müllfreier und entspannter Umgebung am Fluss – genau richtig für meine Mittagspause.

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Danach ging es dann aber gleich weiter mit der Tempelmania. In Mingun sollte mit 152m der höchste buddhistische Tempel aller Zeiten entstehen (vor knapp 1000 Jahren). Er wurde allerdings nie fertig gebaut und ist heute als riesiger Ziegelhaufen und nebendran als kleines Modell zu besichtigen. Außerdem gibt es hier noch die größte Glocke der Welt (die Kinder gehen gerne drunter und hören sich den gewaltigen Sound an) und einen blendend weißen Tempel – wie gesagt, die Namen sind Schall und Rauch für mich, schön anzusehen und zu erleben ist es aber allemal.

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Nachmittags rief mich Aloka an und ich holte ihn noch einmal ab, um gemeinsam zu erkunden, wie die magischen hauchdünnen Goldplättchen zum Auftragen auf die Reliquien  hergestellt werden. Dafür gibt es in Mandalay (und nur hier) eine Handvoll Werkstätten, die den Bedarf fürs ganze Land decken. Mit bloßer Körperkraft hämmern junge Männer den ganzen Tag auf lederummantelte Päckchen ein, in denen bis zu 700 Lagen Gold und Papier gebündelt sind. Sie machen das in einer gewissen rhythmischen Abfolge und die Zeit fürs Hämmern wird mit einer Kokosnuss im Wasser gemessen. Sehr archaisch wirkt das Ganze und es entsteht eine ganz besondere Atmosphäre im Raum. Später wird das Gold geschnitten und von darauf spezialisierten Frauen filigran zwischen Bambuspapier gelegt und verpackt.

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Auf dem Weg zum Sonnenuntergang am Mandalay Hill, wo wir uns kennen gelernt hatten, besuchten wir noch eine 87jährige Bekannte von Aloka, die er vom morgendlichen Essenssammeln (jeden Tag zwischen 5 Uhr 30 und 8 geht er mit einem Napf los und bittet um Essensspenden fürs Kloster)  kennt. Sie empfing uns zwar zahnlos, aber sonst gesund, fit und fröhlich wirkend in ihrer bescheidenen Hütte. Dann mussten wir uns leider verabschieden. Ich brachte Aloka zurück zu seinem Kloster und wir tranken noch ne Limo bei den fröhlichen Menschen in seinem Lieblingsgeschäft. Ich ging früh schlafen, denn am nächsten Morgen hatte ich für 7 Uhr das Schiff nach Bagan gebucht. Aber das ist dann eine neue Geschichte.

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