Zwischen Gletschern, Bergen und Seen–Der Jahreswechsel in Fiordland

6 01 2017

Meine Weiterfahrt am 27.12. Richtung Süden nach einem typischen regnerischen Tag an der Westküste der Südinsel steckte voller Überraschungen und bereitete insgesamt größtes Vergnügen. Schafften es zuerst die Scheibenwischer kaum, den Regen zu verdrängen und von Strand und Meer war vor lauter Nebel nichts zu sehen, wurde es etwas klarer und ohne größere Regengüsse konnte ich eine kleine Wanderung zum berühmten Franz-Josef-Gletscher machen, den man dann aufgrund seines Schrumpfungsprozesses in etwa 4km Entfernung in der Abendstimmung schimmern sah. Erkunden kann man den Gletscher direkt nur mit einem sündhaft teuren Hubschrauberflug, die zu dieser Jahreszeit auch noch restlos ausgebucht sind, wie mir zwei ganz enttäuschte Inder mitteilten. Dafür sah ich aber noch einen Kea (Papagaienart, die als superintelligent gilt), der die Touristen am Gletscher kritisch beäugte und dabei brav für die vielen Kameras posierte. Der Gletscher geriet so fast zur Nebensache (meiner Meinung ist der Hype, der darum gemacht wir auch extrem übertrieben!):

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Danach folgte meine erste Nacht mit Freedom Camping, wie es hier im Land sehr verbreitet ist. Am Abend versammelten sich fast 50 Camper und Autos auf einem schlammigen Platz am Fluss, vor allem auch, weil in Franz Josef alle Unterkünfte komplett ausgebucht waren. Ich lernte ein tschechisches Paar kennen, die seit 6 Jahren in NZ leben und der Mann hatte einen lustigen Beruf: Possumfänger. Die Tiere gelten als Plage und sollen ausgerottet werden, dabei verkauft er die Felle für 120$ pro Kilo, kein schlechtes Geschäft. Wir saßen dann abends am Lagerfeuer und warteten, bis die Sonne unterging (so ca. 22.15h). Hier ein paar Eindrücke vom Platz. Ein junges holländisches Paar, die mit dem Fahrrad unterwegs waren, hatten ihr Zelt mitten in der Flusslandschaft aufgebaut (nachdem sie den ganzen Tag durch den Regen geradelt waren)……..

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Am nächsten Morgen sah es besser aus mit dem Wetter, allerdings noch nicht sonnig. So fuhr ich zum Fox-Gletscher weiter, machte eine Morgenwanderung um einen geheimnisvollen See mit angeblich dem besten Blick auf Gletscher und Berge (View of the Views) und machte Fotos. Anschließend nahm ich noch ein Bad in einer heißen Quelle am Wegesrand und fuhr dann munter und erfrischt weiter nach Wanaka am gleichnamigen See.

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So soll das bei schönem Wetter aussehen, ich habe einfach die Tafel abfotografiert:

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Aber schön war`s trotzdem und ich bekam später sogar den Gletscher noch zu Gesicht.

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Danach bei der Weiterfahrt seltene Blicke: Sonne an der Westküste und beim Durchqueren der südlichen Alpen über den Haast Pass. Da besuchte ich dann auch noch die Blue Pools mit ihrem kristallklaren Gletscherwasser……

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Ich erreichte schon mittags Wanaka, checkte gleich auf einem Campingplatz ein und entspannte mich erstmal am See, lieh mir später ein Paddleboard für eine Stunde und traf mich zum Sundowner noch mit Paul meinem vorherigen Gastgeber vom Norden der Insel, der inzwischen auch mit seiner Freundin zum See gefahren war. Da war auf einmal so richtig Urlaubsstimmung und abends bekam ich dazu an meinem Campingplatz noch einen fantastischen Sonnenuntergang am Fluss geboten:

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Morgens dann ein kleiner Schreck: Ich hatte durchs Handy-Laden meine Batterie vom Auto entladen und die Kiste sprang nicht an. Aber ein netter Neuseeländer, der mir sagte, er liebe Deutschland, campte in der Nachbarschaft und half mir mit seinem Starterkabel. Mit kleiner Verzögerung machte ich mich direkt auf den Weg auf meine beste Wanderung in Neuseeland, soweit ich das bis jetzt sagen kann. Unspektakuläre 1500 Meter hoch, der Gipfel sogar noch in den Wolken, eröffneten sich mir unglaubliche Blicke und an einem beliebten Foto-Spot konnte ich einen Mitwanderer gewinnen, Fotos von mir zu machen. Aber seht selbst. Tommy über dem Lake Wanaka (und auch die Schafe haben einen Traumblick bei schönem Wetter):

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Am späten Nachmittag fuhr ich noch weiter durch Lupinenfelder und traumhafte Berglandschaft nach Queenstown, der Urlaubsstadt auf der Südinsel! Dort kann man neben allerlei extrem hochpreisigen Abenteueraktionen (Bungee Jumping, Zip-Lining, Rafting etc.) auch gut essen und feiern. Allerdings nutzte ich den Zwischenstopp nur für einen Spaziergang durch Park und botanischen Garten und um meine Bootstour durch den Milford Sound am Silvestertag zu buchen.

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Bei der Weiterfahrt stellte ich mich vor ein verlassenes Hotel an einen Platz mit öffentlicher Toilette und wollte dort übernachten, als die Besitzerin Linnie vorbeikam und mir anbot, auf ihrem Grundstück zu parken. Dabei konnte ich Dusche, Toilette und Küche des Hotels benutzen und wurde sogar noch zu einer Tasse Tee eingeladen, bei der wir mit ihrem Mann Toni gute Gespräche über Sonderpädagogik und Automechanik führten (sie arbeitet als I-Helferin im Kindergarten und er ist Autoschrauber und Ingenieur, das Hotel ist nur ihr Hobby – eine tolle Begegnung mit Kiwis!). Beeindrucken war die Fahrt durch endlose Lupinenfelder, leider Eindringlinge in die Flora Neuseelands, die immer mehr Flächen übernehmen, dabei aber extrem hübsch aussehen!

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Der nächste Stopp war Te Anau, die Stadt an der ich Silvester auf einem Campingplatz verbringen wollte. Sie liegt auf dem Weg zum Milford Sound und meine Tour beinhaltete die Abholung vom dortigen Campingplatz. Kaum angekommen, befand ich mich schon auf dem Kepler-Track, einer der 9 “Great Walks” des Landes, und schaffte über 30 Kilometer durch dichten Farnwald entlang am Seeufer um schließlich, nach langer Steigung, über der Baumgrenze wieder mit herrlichen Blicken über Seen und Berge belohnt zu werden.

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An der Hütte drehte ich um, kehrte zum Auto und Campingplatz zurück, kochte mir noch ein leckeres Abendessen und fiel ziemlich kaputt auf meine Matratze im Camper.

Morgens traf ich dann vor meiner Tour ein nettes tschechisches Pärchen um die 30, (sie hatten exakt den gleichen Mietwagen von der selben Company und schafften es irgendwie zu zweit in der Sardinenbüchse zu schlafen!) mit denen ich dann in einer deutschen Bäckerei frühstückte.

Der Bus holte mich um 12 Uhr mittags ab, wir fuhren durch strömenden Regen zum Hafen von Milford mit etlichen Stopps, an denen es zwar nur Felsen und Wasserfälle zu sehen gab, diese waren allerdings sehr spektakulär. Gesteigert wurde es dann auf der zweistündigen Bootsfahrt, bei der wir ungelogen wahrscheinlich über 1000(!) Wasserfälle gesehen haben. In zwei größere ist das Schiff sogar reingefahren und die Leute am Bug (ich eingeschlossen) bekamen eine ordentliche Dusche verpasst. Seht selbst:

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Den Silvesterabend habe ich dann im “Fat Duck” Restaurant verbracht, leckere Greenshellmuscheln gegessen und später die verschiedenen Orte mit Live-Musik und großem Open Air Event mit Riesenfeuer (ganze Baumstämme wurden verbrannt!) besucht. Beim ziemlich eindrucksvollen Feuerwerk über dem See traf ich noch Madeleine, eine junge deutsche “Work and Holiday-Frau”, die tagsüber bei der Bootstour dabei war, und wir tranken noch ein Bier zusammen in Abwesenheit unserer jeweiligen Familien und Freunde. Das war schon ein bisschen komisch. Ich bin dann auch schnell ins Bett gegangen, denn ich wollte ja fit sein für mein geplantes Wanderabenteuer am nächsten Tag!

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Als ich am Neujahrsmorgen aufwachte hatte sich der Regen verzogen und ein eindrucksvoller Regenbogen spannte sich über den Campingplatz und den See. Ein gutes Zeichen für 2017??? Auf jeden Fall wünsche ich allen Lesern des Blogs mal ein tolles neues Jahr an dieser Stelle!

 

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Schnell gepackt, Wandersachen und essen vorbereitet und zum Anfang des Routeburn-Tracks gefahren, ein weiterer der “Great Walks”, den ich dank des Tipps von Stan und Elisabeth, den Amerikanern aus dem Abel Tasman Park, auch ohne Buchung von Unterkunft erkunden konnte.

Alleine die Fahrt dorthin entlang der Seen rund um Queenstown und Glenorchy war schon unglaublich schön.

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Der Track selbst war dann ziemlich hart. Ich musste in ein einsames Tal wandern, dabei zwei Flüsse durchqueren und schließlich dort mein Zelt aufbauen. Allerdings übernachtete ich mutterseelenallein in einem fantastischen, natürlichen Amphitheater umgeben von schneebedeckten Bergen, Wasserfällen, die die Wände runterrauschten und in der Mitte zweier Gebirgsflüsse.(Das rechte Bild zweigt die Stelle von oben, wie ich sie am nächsten Tag gesehen habe)

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Am zweiten Tag ging ich morgens durch eiskalten Nebel, untermalt von frostigen Windböen. Auf einer Schutzhütte kochte ich mir noch einen Tee und dann riss der Himmel auf und alles wurde gut! Durch die gute Sicht konnte ich dann die tolle Landschaft richtig genießen: Weiße Bergspitzen, tiefe Täler, mächtige Wasserfälle, grüne Seen  und tolle Wildblumen. Nach 35km kam ich dann wieder an meinem Auto an und war sehr happy. Fuhr allerdings noch weiter nach Cromwell, wo ich dann wieder einen freien Campingplatz am See fand.

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Von dort ging es weiter durch das schöne Weinanbaugebiet in Central Otago. Beim Durchfahren bekam ich die Idee, nach Volker, meinem alten Freund von früher zu fahnden, denkend, dass er jetzt hier irgendwo ein Weingut haben könnte. Er war in den frühen 80ern ein Ökowinzer in Rheinhessen (einer der Pioniere) und ich lernte ihn über meine Arbeit bei der DLRG kennen, indem wir Seminare über ökologischen Landbau abhielten. Anschließend half ich ihm mehrmals bei der Weinlese und verkaufte sogar seinen Wein an die Profs meiner Uni! Wir hatten damals schöne Zeiten zusammen. Er wanderte allerdings 1986 nach Neuseeland aus und so verlor ich seine Spuren. Tatsächlich fand ich ihn dann sofort mit Hilfe von Google und es stellte sich heraus, dass aus dem Winzer ein Therapeut geworden war und er in Takaka wohnt, in der Gegend des Abel-Tasman-NP, wo ich Weihnachten fast eine ganze Woche verbracht hatte. Wir verabredeten telefonisch, dass ich ihn nochmal vor meiner Abreise auf die Nordinsel besuchen würde.

Das nächste Ziel war die Gegend um Mount Cook und die Seen Pukaki und Tekapo. Leider sah es morgens nicht gut aus, alles wolkig und keine Sicht auf die Berge, so dass ich beschloss, gleich auf einen Camping in Tekapo zu gehen und nicht zu wandern. Gute Entscheidung! Der Himmel riss auf, mein Nachbar lieh mir sein Paddleboard und ich konnte auf dem gletschblausten aller Seen eine unvergessliche Stunde verbringen. Außerdem traf ich noch drei Jungs aus dem Sauerland wieder, die ich auf der Nordinsel in Mount Maunganui schon kennen gelernt hatte und gemeinsam erklommen wir noch einen kleinen Berg (nur 250 Höhenmeter) für unvergessliche Sonnenuntergangsblicke auf die Alpen und die Seen.

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Morgens wachte ich mit tollem Blick auf. Außerdem  gibt’s auch noch eine kleine alte Kirche (wohl die mit dem besten Ausblick der Welt!) und eine witzige Hundestatue am Lake Tekapo:

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Anschließend besuchte ich noch die beiden amerikanischen Superwanderer (PCT und Apalachan Trail Throughhikers!) Stan und Elisabeth, die mich nach Christchurch eingeladen hatten, wo Stan an der Uni seine Doktorarbeit in Gesteinsforschung schreibt. Er zeigte mir Christchurch von oben, die Umgebung, sein Institut und wir hatten abends ein wunderbares Barbecue mit Spargel und Filetsteaks. Tolle Gastgeber!

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Und dann am 5.1. morgens setzte ich mich ins Auto, fuhr fast ohne Pause durch bis nach Takaka und kam nach sechseinhalb Stunden an Volkers siebeneckigem Haus an, wo ich mich erstmal hinsetzte, den Meeresblick genoss und wartete, bis er von der Arbeit nach Hause kam.

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Wir hatten dann einen sehr bewegenden Abend, tolle Gespräche und einen guten Austausch über unsere jeweilige Arbeit. Ein denkwürdiges Erlebnis, das durch ein Lagerfeuer, gutes Essen (fast alles aus seinem Garten) und einem Fläschchen Wein abgerundet wurde. Schlafen legte ich mich dann in einen seiner Wohnwägen – der andere wurde von drei Mädchen aus Dresden (Work on organic Farms – sogenannte Woofer) bewohnt, die für eine Woche bei ihm gegen Arbeit Kost und Logie bekommen.

Am nächsten Morgen nach dem Kaffee war der Plan, am Meer selbst Muscheln zu sammeln und diese dann zum Mittagessen gemeinsam zuzubereiten – und so machten wir es auch. Was für ein leckeres Essen, die Muscheln waren gerade mal 2 Stunden aus dem Meer. Außerdem sind sie riesig und ab und zu fand sich ein kleiner Krebs im Inneren.

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Tja und dann hieß es Abschied nehmen und ich düste durch die tolle Landschaft rund um den Marlborough Sound nach Picton zur Fähre, nachdem ich mir vorher noch kurz die kristallklaren Quellen von Waikoropupu angeschaut hatte.           

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Unvergessliche 17 Tage auf der Südinsel gingen mit einer ruhigen Fährfahrt durch den Fjord bei herrlichem Sonnenschein zu Ende. Und jetzt bin ich schon wieder in Wellington, wo kurz vor meiner Ankunft die Erde gebebt hat, immerhin Stärke 4,7. Aber den Rest von Neuseeland erzähle ich dann ein andermal……..

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