Atacama: Die ganz andere Wüste

27 11 2010

Nach 16 Stunden angenehmer Busfahrt, weil business-class-Liegesitze,  nähern wir uns San Pedro de Atacama. Wir fahren durch steinige,öde Wüstenlandschaft, hier will gar nichts mehr wachsen und dann taucht die grüne Oase von San Pedro auf. Doch trotz der Bäume wirkt der Ort auf den ersten Blick  nicht idyllisch, schon gar nicht einladend, eher abweisend und man fragt sich, was man hier in dieser staubigen Stadt mit ihren dunklen, ockerfarbigen kleinen Häusern soll.

Ein großer Irrtum, wie sich in den nächsten Tagen zeigen wird.

Klar, wir haben gerade die vier Wüsten Kaliforniens gesehen, aber Wüsten faszinieren uns, und es gibt wohl kaum eine vielseitigere Wüste als diese trockenste Wüste der Erde.

Schon am ersten Nachmittag gehen wir in eines der tausend Touroffices – mindestens jedes zweite Haus ist ein Touroffice, alle verkaufen die gleichen Touren- und buchen die Valle de la Luna– Tour zum Sonnenuntergang.

Leider wird der Wind am Abend stärker und unser Sonnenuntergang fällt statt ins Wasser, dem Sandsturm zu Opfer. Trotzdem kann man schon hier an den Bildern sehen, wie viele verschiedene Landschaften diese Wüste hat.

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Die Tatio-Geysire

Wer Thomas kennt, weiß, dass diese Tour ins höchstgelegene Geysir-Feld der Welt ein ziemlicher Opfergang ist, denn man muss mitten in der Nacht aufstehen und steigt dann mit 15 anderen verschlafenen Touristen in einen Minibus, der einem zum Sonnenaufgang zu den Geysiren bringt.

Der Fahrer ist etwas missmutig als er unser Gepäck sieht. Keiner hatte ihn darüber informiert, dass wir auf dem Altiplano übernachten wollen und so sitzen wir eingezwängt, mit unseren Rucksäcken auf dem Schoß, im Bus und versuchen noch etwas zu dösen.

Die Sonne ist schon aufgegangen, als wir die Geysire nach holpriger Fahrt erreichen, wir fragen uns schon, warum man diese Strapaze auf sich nehmen soll, doch etwas später verstehen wir: Da es nachts so bitterkalt ist, dampfen die Geysire kurz vor Sonnenaufgang, wenn es am kältesten ist, am meisten. Und der Dampf ist am schönsten zu sehen, wenn die ersten Sonnenstrahlen über die Berge kommen. Es sind sehr viele Touristen unterwegs und im Unterschied zu den USA (Yellowstone) kann man ganz nahe an die Geysire heran gehen und sogar in den Dampf hinein. Für manche Touristen ist das fatal, und tatsächlich hören wir Geschrei, als jemand ins  kochende Wasser tritt.

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Das ganze Gelände wirkt wie eine gigantische Hexenküche und die laut brodelnden Geräusche sind mindestens so faszinierend wie der Dampf oder die Wasserfontänen der Eruptionen. Dazwischen tummeln sich, man glaubt es kaum, schwarzköpfige Möwen.

Sobald die Sonne da ist erwärmt es sich, die Dampfwolken werden kleiner und wir fahren zu einem Thermalbecken, in dem man richtig schön (Wasser 24, Luft 3 Grad)  schwimmen kann. Faszinierend die Stelle, wo kochendes Wasser ins Becken hineinläuft. Natürlich machen wir ein paar Schwimmübungen, ist schon komisch auf 4200m Höhe!

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Wir genießen nun bei Tageslicht die Fahrt durch den Altiplano, bestaunen die Vulkane, die Weite, sehen unsere ersten Vikunjas, Lamas und Nandus (Strauße) und später entlang eines  Flüsschens auch Flamingos. Außerdem drollige schwarze Hühner mit riesigen orangefarbigen Füßen und komische dickhalsige Gänse. Es ist richtig was los in dieser Wüste!

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Gegen Mittag erreichen wir unser Tagesziel Machuca, ein Bergdorf mit kleiner Kirche, wo es Empanadas und Lamaspieße für die Touristen gibt. Hier steigen wir aus und werden die Nacht in unserem ersten Refugio (Berghütte) verbringen.

Wir unternehmen noch eine Wanderung auf den Mirador (4300m), was sich am Abend als Fehler herausstellt, denn die Höhe macht uns mit Kopfschmerz und Übelkeit zu schaffen. Für den Blick über unzählige Vulkane hat es sich allerdings gelohnt.

Im Ort wohnen nur 6 Menschen, der Hund Matthias!!! und viele Lamas, die wir natürlich alle kennen lernen. Wir sind die ersten, die dort nicht nur übernachten, sondern auch essen werden, da uns keiner sagte, dass nur am Mittag Essen verkauft wird.

Zum Glück können wir uns mit den beiden Küchenfrauen Nohemi und Rosanna gut verständigen und so genießen wir ein gemeinsames Abendessen mit Lamasteaks und Pommes. Wir haben viel Spaß miteinander und erteilen auf Nohemis Wunsch einen kleinen Touristen-Deutsch-Kurs. Ihr seht, auch im Sabbatjahr kann man seiner Berufung nicht ganz entgehen…. Im Austausch erhalten wir einen Empanada-Ausroll-Kurs.

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Am nächsten Tag schließen wir uns einem Tourbus an, der uns für ein Trinkgeld mit nach San Pedro nimmt.

 

Schwimmen kann jeder – in der Laguna Cejar!

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Getreu dem Spruch: You are a tourist, now act like one! buchen wir eine Sunset-Tour zu der Laguna Cejar, einem See mit 28% Salzgehalt mit Pisco Sour als Aperitif!

Eigentlich finden wir diese Tour ziemlich albern, so im Salzwasser zu schweben und Fotos zu schießen, aber wieder einmal werden wir hier eines Besseren belehrt: Es ist schon nett im kristallklaren, tiefblauen Salzwasser zu treiben, und der Höhepunkt der Tour ist eben nicht der Pisco, sondern die Laguna Teginquiche, an der der Sonnenuntergang erwartet wird. Ein Salzsee in verschiedenen Grüntönen, am Ufer schwimmen Salzkrusten wie Eisschollen – perfekt für uns, die wir die Kälte hassen, aber Eisschollen durchaus malerisch finden… Das Ganze im strahlenden Sonnenschein, bei tiefblauem Himmel und bilderbuchmäßige Vulkane als Kulisse.

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So genießen wir den Sonnenuntergang bei Pisco und Chips, mit dem  Fahrer Juan und anderen netten, jungen Leuten aus aller Welt. Ihr werdet Judiths Begeisterung für die Wüste verstehen, wenn ihr diese Bilder seht, aber am nächsten Tag wird sich zeigen, dass immer noch Steigerungen möglich sind….

Über den Salar de Chaxa ins Altiplano zu den Lagunas de Miscanti und Meniques

Mit Ivan, dem Fahrer, den wir schon von den Geysiren kennen, unternehmen wir unsere letzte große Tour in San Pedro, da wir die Tage vor unserem Flug nach Punta Arenas am Meer verbringen wollen.

Doch es soll wieder einmal ganz anders kommen….

Am Salar de Chaxa schießen wir unsere ultimativen Flamingofotos und denken dabei an unsere vogelbegeisterten Freunde zu Hause.

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Durch farbenintensive Wüstenlandschaft fahren wir wieder in den Altiplano, diesmal auf 4200m, um die nach den Vulkanen Miscanti (5622m)  und Meniques (5910m) benannten, tiefblauen Bergseen zu bewundern. Die Optik war uns schon bekannt, ziert doch ein Bild von hier den Titel unseres Reiseführers, aber man müsste ja nicht reisen, wenn das Anschauen eines Reiseführers und die Realität dasselbe wären.

Es ist echt beeindruckend: blauer Himmel, die Seen sind tiefblau wie Lapislazuli, am Seeufer stehen Flamingos, die weißen Salzkristalle glitzern in der Sonne, auf den Vulkanen liegt puderzuckermäßig der Schnee. Und jetzt kommts: oberhalb vom Lago Miscanti ist ein Refugio, eine Berghütte, in der man übernachten kann!

Ruckzuck wird ein neuer Reiseplan gemacht, Strandurlaub fällt aus, und wir reservieren sofort bei der netten “Rangerin”, die mit ihren 3 Kollegen in der etwas tiefer gelegenen Hütte wohnt. Ivan hilft uns eine Fahrerin zu finden, die uns am nächsten Morgen wieder nach oben bringt, wir packen die Wanderrucksäcke, kaufen Verpflegung ein und landen am nächsten Mittag glücklich an diesem traumhaften Ort, der sicher zu unseren TOP 10 gehört.

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Wir lassen es diesmal in der Höhe langsam angehen, genießen die absolute Einsamkeit, beobachten Vikunjas, Flamingos, sogar einen Wüstenfuchs und am Abend den unbeschreiblichen Sternenhimmel. Auch der ist einzigartig in der Wüste, es glitzert und funkelt, man will gar nicht ins Bett gehen, aber das wird nach einer Weile von der Temperatur geregelt, die deutlich unter Null absackt.

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Am nächsten Morgen liegt eine dünne Eisschicht über dem See und wir starten unsere Wanderung auf den Meniques. Es ist schon ein langer Weg bis zum eigentlichen Aufstieg und nach 5 Stunden machen wir bei 4800m kehrt und laufen mit herrlichem Blick auf beide Seen zur Hütte zurück.

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Abends gibts dann Spaghetti mit Ziegenkäse auf der Hütte und wegen leichtem Kopfweh und Sonnenüberdosis in der Höhe, schaffen wir noch nicht mal unseren Rotwein…genießen dafür lieber nochmal den Sternenhimmel in dieser absoluten Ruhe.

Wehmütig packen wir am nächsten Morgen unsere Sachen, wohl wissend, dass es ein ganz besonderes Glück war, diesen friedlichen Ort zwei Tage lang ganz für uns zu haben.

Der erste Tourbus des Tages hat noch Plätze frei und am frühen Nachmittag sind wir wieder in der “Hektik” von San Pedro. Wir packen unsere Taschen für die Weiterreise um und morgen gehts dann mit dem Flugzeug in den Süden nach Punta Arenas…



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3 Antworten zu “Atacama: Die ganz andere Wüste”

  • Ludger sagt:

    ….atemberaubend.

  • Jürgen sagt:

    Hallo Ihr Lieben,

    ich schließe mich dem Eindruck von Ludger voll und ganz an. Was für wundervolle Bilder!!! Und doch: Vor ein paar Tagen sah ich eine Doku über das Pinochet-Regime. Das war das absolut grausame Kontrastprogramm zu Euren tollen Naturaufnahmen. Weiterhin gute Reise.

  • Leyla sagt:

    ganz spontan:
    1. War ja klar, dass ihr selbst bei den Geysiren eine Gelegenheit findet um ins Wasser zu gehen. Ich wäre gerne dabei gewesen…war bestimmt traumhaft!
    2. ich will ein Foto von den „drolligen schwarzen Hühnern mit riesigen orangefarbigen Füßen“ 😀
    3. Unglaublich, dass ihr sogar auf Wandertouren Rotwein mit dabei habt!!

    Klingt alles super schön!
    Ich denk an euch & hab euch lieb <3

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