Unter Geiern im schottischen Regenwald: Eindrücke von der Isla Mocha

1 01 2011

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Ein dreitägiger Ausflug zwischen den Jahren führte uns auf ein abgelegenes Inselchen im Pazifik, das voller Mythen über Piraten und Walfänger zu sein schien. Sir Francis Drake wurde hier besiegt und mit einer Wunde von der Insel gejagt. Die Ideen für das Buch Moby Dick entstanden angeblich bei Beobachtung der hiesigen Walfänger. Etwa 100 Schiffswracks umringen die Insel wie eine Kette.

Dorthin kommt man eigentlich nur mit dem Flugzeug der einzigen Hotelbesitzer der Insel, die die Gäste von dem Hafenort Tirúa abholen und dann auf der Insel mit Vollpension unterbringen. Es gibt weder regelmäßigen Fährverkehr, noch geregelte Einkaufsmöglichkeiten, kein Restaurant und nur ganz wenige uralte Autos. Die ca. 650 Inselbewohner bewegen sich in erster Linie mit Pferdekutschen und leben von Viehzucht, Fischfang und Algensammeln.

Unser Abenteuer startete mit dem Flug in einer ziemlich alten Cessna, mit dem Interieur eines Sportwagens der 70er Jahre. Außer uns und dem Piloten war noch der Dorflehrer an Bord, damit waren alle Sitze besetzt. Leichte Panik ergriff Thomas, als er feststellte, dass er seinen Sicherheitsgurt gar nicht schließen konnte und immer wiederkehrende Turbulenzen fühlen sich ganz anders an, als im Jumbo, eben direkter.  In nur 200m Höhe flogen wir die 34 km übers Meer mit herrlichen Blicken über die ganze Insel.

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Nach unserer Ankunft beim ersten Strandspaziergang lernten wir gleich die Besonderheit der Insel kennen: Überall waren Vögel zu sehen, die größten von ihnen, die in großer Anzahl in der Luft schwebten, stellten sich als Geier heraus. Diese leben hier von Schlachtabfällen, die am Meer abgelagert werden, sowie von angeschwemmten Seehunden und sogar Walfischen. Das lässt eine eigenartige Atmosphäre entstehen, eine Welt, die auch voll von Zerfall und Verwesung ist. Verstärkt wird das noch von überall herumliegenden Knochenteilen, Schweinekiefern, Schafsschädel bis hin zu Walfischknochen und allgegenwärtigen Algen, die am Strand verrotten. Wir sahen auch Geier, die sich wie wild über einen Seehundkadaver hermachten.

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Aber das ist nur ein Teil des Insellebens. Im Inselinneren erstreckt sich dichtester Regenwald mit uralten Bäumen, wunderschönen Schlingpflanzen, blühenden Nesseln… Wieder mal ein Märchenwald, den man in gut 2 Stunden durchqueren kann, um auf der anderen Seite der Insel eine Landschaft vorzufinden, die an Schottland (oder andere nordeuropäische Küstengebiete) erinnert. Sehr überraschend das alles.

So machten wir uns auf die Wanderung mit belegten Broten und Pfefferminztee, ließen uns von der fremdartigen Schönheit der Landschaft verzaubern und waren dann nach der Ankunft im “Hotel” total erschöpft, da wir die letzten 3 Stunden am Strand mit heftigstem Gegenwind zu kämpfen hatten – alles sehr rau hier!

Etwas sonderpädagogische Interaktion war auch mal wieder angesagt, denn die Besitzer leben hier mit ihrem 26-jährigen geistig behinderten Sohn Mario, und so entsponnen sich beim Abendessen auch Diskussionen über unterschiedliche Ansätze der Behindertenpädagogik in den verschiedenen Ländern.

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Wir hatten diesmal großes Glück mit dem Wetter, konnten alles in strahlendem Sonnenschein bei ca. 20 Grad erleben und genießen. Nach 3 Tagen hatten wir quasi die gesamte Insel erkundet und umrundet und konnten voller neuer Eindrücke wieder in unser Domizil La Mona fahren um hier das Ende des alten und den Beginn des neuen Jahres zu feiern.

Wir wünschen Euch allen, dass es ein tolles Jahr wird, mit viel Glück und Gesundheit!

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